Lyrik

Maria Daleija  Gabriel Jakobi   Roland Kaschube  Günther Arnulf 
Paul Celan  Indianer-Lyrik 

Lyrik Repertoire

Maria Daleija


Ein Zeichen sind wir,
gesetzt aus Staub und Asche,
blank und rissig,
spinnenfädig
hängt unser Leben
im ewigen Nichts.


*

Bild: Thomas Brunner

Und immer suche ich dich Geliebter
immer
wenn
die Mulden der Zeitkörner
sich häufen
immer
wenn
die Gitter der Angst
klirren
immer
wenn
die Gestirne den Himmel
fassen
immer
wenn
das Lamm zur Tränke
geht
immer
wenn
die Mutigen zurück
weichen
immer
wenn
die Sonne Nähe
entstehen läßt
immer
wenn
meine Hände
dich erkennen
immer
wenn
deine Augen in meinen Mond
blicken
immer
wenn
dein Sein
ersteht
dann
suche ich dich
doch
werde ich dich
finden?

Mutter,
Nachtseele,
gütige,
umliebst
meine steinige Wüste,
der erstorbenen Gesten,
der stummen Worte,
meiner Wesensinnigkeit
mit Herzensgüte
der Unendlichkeit.

Bild: Phönix, Susanne Hörz

Im Sterben,
erstehen uns
Gesten
Worte
erwirkt
durch der
Nachtseelen
Liebesorte.


Michael,
Deines Geistes Hoheit
neige sich zu mir,
Deines Wesens Liebe
sei mir Boden in dem Fall,
Deines Blickes Stärke
gibt mir Würde in dem Sein,
Deiner Hände Klingen
halte mich im Raum,
Deiner Füße Erde
zeitigt meines Wesens Sein.

Noten von Shigeru Kan-no zu dem Gedicht Michael

© Maria Daleija

Gedichte der Aufführung:
10.- Euro, Bestellung

Gabriel Jakobi
* 1958

Ich bin auf der blauen Insel geboren
ein Frachter hat mich an das schwarze
zackige Land gebracht

Ich bin auf der blauen Insel geboren
wäre doch Tag auch und Fröhlichkeit mein
und mitten darin
gelbe Hütte und sinnestrunkene Sommerfarben
aber ich bin auf der blauen Insel geboren
so muß es sein.

© Gabriel Jakobi


Gedichte der Aufführung:
10.- Euro, Bestellung

 

Roland Kaschube
* 1965

DER WIND NIMMT MEINE SEELE


Der graue Morgen erhebt sein Antlitz
Und er sieht mich fragend an
Er sieht mir tief in die Augen
Und fängt zu fragen an.

Er fragt mich was ich glaube
Und was ich gestern sah
Ich sah drei schwarze Raben
Und einen roten Starr

Sie sagten aller Wein ist bitter
Und alles Wort ist tot
Ich braucht nur tief in mich zu schauen
Es wäre wunderbar

Es kamen drei große Frauen
Und auch ein großer Mann
Sie spielten laut auf meiner Laute
Sie spielten laut auf meinem Bass

Ich begann das Spiel zu durchschauen
Meine Seele lag im Gras

Der Wind nimmt meine Seele
Der Wind nimmt meine Seele fort

Der Wind nimmt meine Seele
Der Wind nimmt meine Seele fort

2000

BEUYS

Berlin, Martin-Gropiusbau, Eintrittskarte Acht Mark, Garderobe frei
Strohhalme und Glühlampen für Joseph Beuys
Bätte Nicht Bärührän!
Vorsicht Fätt!
Jeder kriegt hier sein Fett ab.
Schienenweichen, metertief, ein ausgedienter Spint
Ein Hut, Ein Flügel ohne Beine
Machste Bimm, fliegste.
Ein Notenständer, völlig verrostet mit Sauerkrautresten, gezupft
Ein Klaviergerippe mit verwelkten Rosen, Eine grüne Geige,
Ein verfilztes Cello, Ein Flügel, der schöne arme Flügel, mit Fett
Am Bein, wohl ins Fettnäpfchen getreten? Ein, zwei Filzschuhe
Mit Transparenten für Baader/Meinhoff, Tafel mit Mensch + Telefon.
Ein abgesägter abgeschälter Baumstumpf. Ein Stück Kernseife, Schnüff,
Schnüff, isses auch.
Ein Oberhemd, welche Größe? Pfoten weg! Ja, Ja. No, No.
Eine Gummikammer aus Filz plus Flügel plus Schultafel plus
Fieberthermometer (Wieviele das wohl schon klauen wollten?)
Viel Fettblock, ein Filz-Anzug, ein Glück, der hängt hoch über uns
Wir können nicht alles Begrapschen, er über uns.
Flexus, Komplexus, Neodadaismus, Apfelmuß.
Zusammengefegter Haufen Wertvoll vom Karl-Marx-Platz-Direkte-Demokratie
Frau aus Holz, Farbe und Nägel, zwei Stück
Brüder, hört die Internationale
Es fehlten nur die Schuhe, jawohl, riechen wollten wir den alten Schweiß
Weil das Fett wird langsam gammelig, von Stuttgart zum Guggenheim
Noch ein paar alte Fotos mit einem aufgespießten Hasen
Der arme Mümmelmann, wenn's keine Häsin war.
Wer zu nah den Ofen mit der Nase berührt, wird verhaftet.
Den schicken wir nach Pankow.
Den schiebenwa ab.
Kritik: Jubel,
Appfloh, Applaus,
Euphorie und Buhs
Zugleich; nehmen
Sie bitte Platz auf
Ihrem Fettstuhl,
Herr Beuys

(6. März 1988)


© Roland Kaschube
Villa Ruchlos
Additionsphilosophie

Günther Arnulf
* 1948

Not

Durch unsere Häute
toben die Winde -
aus den Augen ist kaum
noch der Schatten des
Vogelsturzes zu fassen, der in
die Zukunft entschwindet -

Mit geröteten Lidern
steh´n wir-?, wagen
den Schritt nicht auf die
wankendeErde, den Schwung
in die wogende Luft-?
Fuß und Haaren
seh´n wir lange schon nach
in weichende Fernen --

Uns preßt es hinab
auf den Stein
und wir kühlen uns
Stirne an Stirne,
- blutende Zeichen aus uns
rinnen Faden und Saum -:
Kleider der Not.

Ich

Manche schauen
auf verbranntes Land.
Sie wählen die Wüste zur Heimat.
Ihr Gang spricht:
"Was bleibt von der Sonne?"

Fernen rücken
heran: blau, grün, wechselnd
in atmenden Schauern-,
doch sagt mir: bin ich
mit dem verwandt?

Ich gehe,
nicht um zu gehen,
sondern zu bleiben-
ich atme das dunkelnde Licht -
ich trage
Feuer zu Feuer .

Schnee. Taut.

Schnee kommt. Kalt
kommt. Wüste kommt.

Herzlos kommt auch.
Lieblos kommt so.

Drohdunkel kommt.
Spitzstichblick kommt.

Mehlmaulmenschen.
Sägesichelsackseelen.

Kommt auch Geist?
Kommt Güte? Gold?

Kampf kommt. Kunst
ist. Kreuz war.

Wer da? Wir.
Wer hier? Du!

Wer Du? Ich!
Wer Ich? Er -

Wer Er? Sag -
Sprache sagtso - ,

Denken denktso,
Mensch menschmanschtso,

istso ichtso,
kämpft Kampf. Kommt.

Kommen Kluge, Kommen
Schlaue. Schlimme. Schlechte.

Wüstenwüste, kalte
Wesen. Schwarzer Schnee.

Kommt. Wird kommen.
Herzen werden wandern

müssen. Menschen mit.
Liebe mit inmitten.

Rauhreißer, Scham-
schänder, Stirnstecher

Kommen. Kommen Karst.
Kommen Kreuz. Krumm.

Liebe läßt Herz
klein. Labtlacht.

Liebe großgrüßt.
Liebe sohnsühnt.

Ich ist. Sind.
Kunstkampfkönner.

Taut. Taumelt Tod.
Untat untot. Tat.


© Günther Arnulf

Gedichte der Aufführung:
10.- Euro, Bestellung

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